Zu nah am Feuer
In Istanbul wurde vergangene Nacht die Schriftstellerin Asli Erdogan verhaftet, weil sie für eine kurdische Zeitung arbeitete. Die so mutige wie fragile Frau war 2012 Writer in Residence in Zürich.
Das persönliche Archiv ist in der Regel Rückhalt und Stütze bei der redaktionellen Arbeit. Manchmal aber scheint von dem Material, das man herauszieht, ein k Hauch auszugehen. Das Interview, das wir im Februar 2012 mit der türkischen Schriftstellerin Asli Erdogan führten, ist eins dieser Dokumente.
Die Furcht im Nacken
Die 1967 in Istanbul geborene Autorin war in Zürich gerade erst etwas zur Ruhe gekommen; nur schlafen konnte sie nicht: «Das hatte ich aus der Türkei mitgebracht, die Furcht, nachts verhaftet zu werden, sass mir noch im Nacken», erzählte sie: Sie war wegen ihrer Arbeit als Kolumnistin bei einer kurdischen Zeitung ins Visier der Behörden geraten. Bei einer früheren Festnahme hatte sie, wie sie lediglich andeutete, bereits eine dauerhafte physische Schädigung davongetragen.
Zu einer Zeit, da die AKP—Regierung im Westen noch eine recht gute Presse hatte, wies die Schriftstellerin in jenem Gespräch auf die weitgehend im Stillen praktizierte Repressionspolitik gegen die Kurden hin. Sie kritisierte auch die immer lauter vorgetragenen Grossmachtansprüche des 2012 noch als Ministerpräsident amtierenden heutigen Staatspräsidenten Erdogan.
http://www.nzz.ch/feuilleton/buecher/schriftstellerin—asli—erdogan—verhaftet—zu—nah—am—feuer—ld.111479
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